Glasideen 480

Das Energiekonto: Die zentrale Datendrehscheibe für alle Energieinformationen

22.03.2023
Dieser Fachartikel ist in der Fachzeitschrift E-Quadrat Ausgabe 01/2023 erschienen.

Hier können Sie das E-Paper von E-Quadrat direkt aufrufen ...

Gerade vor dem Hintergrund der hohen Energiepreise ist es wichtiger denn je, den Überblick über Energieverbrauch und -kosten zu behalten. Die dazu nötigen Energiedaten werden jedoch in den meisten Unternehmen an vielen verschiedenen Stellen verarbeitet. Vor allem trifft dies auf Multisite-Unternehmen mit diversen Standorten zu. Ein Gegenmodell hierzu hat die Senftenberger Meine-Energie GmbH geschaffen. Sie stellt ein webbasiertes Energiekonto zur Verfügung, in dem alle Energiedaten standortübergreifend und aus allen Messstellen zusammenfließen – auch aus der Erzeugung über PV-Anlagen oder BHKW. Damit stehen sie zentral und transparent für alle Bereiche zur Verfügung.

Klassischerweise beschäftig sich das Energiemanagement mit dem Verbrauch, Buchhaltung und Controlling mit den Kosten, den Energiesteuern sowie den Rechnungen und die Beschaffung mit dem Energieeinkauf. „In vielen Unternehmen werden diese Daten nach wie vor dezentral gesammelt und mit ganz unterschiedlichen IT-Werkzeugen verarbeitet, nicht selten mit Excel“, beschreibt Dirk Heinze, Geschäftsführer der Meine-Energie GmbH, die Problematik. Er beschäftigt sich schon seit Beginn der Liberalisierung des Energiemarktes 1999 mit dem Thema der Energiedaten und entwickelte hier Lösungen für die Energiewirtschaft. Bald erkannte er jedoch, dass auch Multisite-Unternehmen wie Handelsketten oder Industriekonzerne, aber auch Hotel- und Restaurantketten oder Klinik-Verbünde einen dringenden Bedarf an Lösungen hatten, die für mehr Transparenz bei Energieverbrauch und -kosten sorgen. Denn in vielen Branchen spielen die Energiekosten nicht erst seit den aktuellen Preissteigerungen eine wichtige Rolle. Auch die Bemühungen um mehr Energieeffizienz und Einsparungen für die Verbesserung des eigenen CO2-Fußabdrucks sind ohne entsprechende IT-Werkzeuge nur schwer umzusetzen. „Es war also höchste Zeit ein Werkzeug zu schaffen, das all diese Anforderungen zentral abdeckt. Den Begriff ‚Energiekonto‘ haben wir dabei ganz bewusst gewählt. Denn wir wollten nicht noch eine Lösung für das Energiemanagement entwickeln, sondern die Energiedaten für alle Bereiche des Unternehmens erschließen. Dabei ist gerade auch der betriebswirtschaftliche Aspekt entscheidend. Und hier geht es nicht nur um die reinen Kosten, sondern auch um weitere Bereiche wie das Controlling oder die Rechnungsprüfung“, erläutert Dirk Heinze.

Das Energiekonto als zentrale Drehscheibe
Hier fließen sämtliche Verbrauchsdaten aus den einzelnem Messstellen zusammen – nicht nur für Strom, sondern bei Bedarf auch für Gas, Wasser oder Wärme. Sie werden in der Regel über digitale oder sogenannte RLM-Zähler erfasst und stehen damit zeitnah zur Verfügung. Im Energiekonto können die Verbräuche dann als Zeitreihen dargestellt und ausgewertet werden. Und das separat für jeden Standort oder jede Messstelle. Hinterlegt sind aber auch alle Energieverträge inklusive der Konditionen und Laufzeiten. Damit ist es möglich, auch sämtliche eingehenden Energierechnungen digital abzugleichen und automatisiert zu verarbeiten.

Ein Fokus liegt hier auf der digitalen Rechnungsprüfung. Denn bei Energierechnungen gibt es zahlreiche und vor allem sehr spezifische Fehlerquellen, etwa wenn auf der Rechnung eine falsche Spannungsebene abgerechnet wird. Das wird mit herkömmlichen Rechnungsprüfungssystemen nicht erkannt, da diese nur auf die erwarteten Kosten achten. Mit Hilfe der automatischen Rechnungsanalyse des Energiekontos werden schwerwiegende Fehler dagegen automatisch erkannt. Auf diese Weise kann die Anzahl der zur manuellen Nachbearbeitung ausgesteuerten Belege, die in der Praxis bei durchschnittlich 20 Prozent liegen, auf etwa 5 Prozent reduziert werden. Über die Standardschnittstelle zum Rechnungswesen können so die eingehenden Energierechnungen vollautomatisch geprüft und verarbeitet werden – bis hin zur Verbuchung in der Finanzbuchhaltung und der Zahlungsfreigabe. Damit wird die Verarbeitungsgeschwindigkeit drastisch beschleunigt. „Da sich digitale Rechnungsformate wie ZUGFeRD oder XRechnung bisher noch nicht allgemein durchgesetzt haben, verarbeiten wir hier beispielsweise auch PDF-Dateien. Was nicht ganz trivial ist, da Energierechnungen oft viele Seiten umfassen“, so Dirk Heinze.

Energiebeschaffung optimieren
Im Energiekonto stehen alle Informationen zum historischen Energieverbrauch zur Verfügung. Auf dieser Basis können Prognosen für die künftige Entwicklung erstellt und für die Beschaffung von Energie herangezogen und für die Verhandlungen mit bestehenden oder neuen Lieferanten genutzt werden. Das Energiekonto bietet aber auch Unterstützung, wenn ein Unternehmen selbstständig auf dem Energiemarkt aktiv werden möchte. Kern des Modells ist ein eigener Netznutzungsvertrag für das Unternehmen sowie ein Bilanzkreiskonto für alle Standorte. Die Bündelung der Netznutzungsrechnungen für die Messstellen übernimmt Meine-Energie und verarbeitet die Daten gesammelt als EDIFACT-INVOIC-Format, dass dann direkt in die Buchhaltung übernommen werden kann. Die Einsparungseffekte über das „Energiekonto-VN“ liegen allein durch den Wegfall der bisherigen Abwicklung über den Lieferanten bei mindestens 100 Euro im Jahr pro Messstelle. Zudem steigt die Datenqualität, da nun ein direkter Anspruch auf tagesaktuelle Verbrauchsdaten entsprechend den geltenden Marktregeln besteht.

Energiebilanz und -steuern
Gerade bei Multisite-Unternehmen mit ihrer Vielzahl an unterschiedlichen Verbrauchsstellen sowie eigenen KWK- oder PV-Erzeugungsanlagen bringt die Vorbereitung der Stromsteuererklärung in der Regel einen enormen manuellen Aufwand mit sich. Die Verbrauchs- und Erzeugungsdaten müssen nicht nur aus den unterschiedlichsten Quellen aggregiert und steuerrechtlich kategorisiert werden. Im Falle einer Steuerprüfung sind zudem eine Vielzahl von Dokumenten und Nachweisen zu Zählern, Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen bereitzuhalten. Die Energiebilanz des Energiekontos führt all diese Daten übersichtlich in einer Bilanz zusammen, in der alle Informationen sowohl organisatorisch, etwa nach Werken und anderen Standorten gegliedert, als auch in Form der Netztopologie bis hinunter zum einzelnen Zähler abgerufen werden können – und dies nicht nur für Strom, sondern auch für Gas und weitere messbare Medien. Eine Vielzahl von inhaltlichen und Plausibilitätsprüfungen stellt sicher, dass die Daten in sich schlüssig und die Dokumentation jeder Anlage vollständig sind. Damit lässt sich die Basis für die Steuerklärung gegenüber dem Hauptzollamt auf Knopfdruck zusammenstellen. Die Energiebilanz sorgt zudem für Rechtssicherheit im Falle einer Steuerprüfung.

Energiemanagement und ökologischer Fußabdruck
Nachdem im Energiekonto alle Erzeugungs- und Verbrauchsdaten zentral vorliegen, können diese auch für die Steigerung der Energieeffizienz und das Aufspüren von Energiefressern genutzt werden. „Nachdem wir Lastprofile mit Viertelstunden-Werten für jeden Standort und jede Messstelle vorhalten, werden Anomalien wie etwa ein zu hoher Verbrauch außerhalb der Öffnungs- oder Betriebszeiten einfach erkennbar. Über ein Benchmarking ähnlicher Standorte ist es auch möglich, Standorte mit einem zu hohen Verbrauch schnell zu identifizieren“, erklärt Dirk Heinze. Auch für CO2-Bilanzen liefert das Energiekonto den Input: „Wir stellen den Energieverbrauch in Kilowatt, Kilowattstunden oder Euro dar, da ist die Tonne CO2 nur ein weiterer Wert“, so Heinze weiter.

Dass die Lösung praxisgerecht ist, zeigt sich an den vielen unterschiedlichen Anwendern. So verwaltet, sondern auch die der deutschen Standorte des Baukonzerns STRABAG. Daneben setzen Industrieunternehmen wie Bosch, BMW oder Daimler Truck auf das Energiekonto. Inzwischen agiert Meine-Energie aber nicht mehr nur als Datenverarbeiter, sondern ist mit Unterstützung des Dienstleisters Wattline auch in den Messstellenbetrieb eingestiegen. „Damit haben wir den kompletten Wertefluss im Griff und müssen nicht mehr darauf warten, bis wir die Verbrauchsdaten geliefert bekommen. Über den Messstellenbetrieb stehen sie künftig quasi in Echtzeit zur Verfügung und bieten so die Chance, noch schneller auf Änderungen oder Abweichungen im Verbrauch reagieren zu können“, erklärt Dirk Heinze.